Der Abschied von Melbourne und meinen Freunden fiel schwer; die viereinhalb Wochen waren wie im Flug vergangen. Allerdings freute ich mich auch schon sehr auf Neuseeland, da es für mich ein Schritt auf unbekannten Boden bedeutete und ich nur gutes über Aotearoa, “Das Land der großen weissen Wolke” gehört hatte. Dementsprechend hoch waren meine Erwartungen, meine Vorfreude und meine Aufregung.
Von Melbourne ging es also mit Air New Zealand nach Auckland, wo ich im Nomad Fat Camels auf Manni traf, der all seinen Jahresurlaub für eine sechswöchige Reise zusammengekratzt hatte und schon ein paar Tage vorher aus Deutschland angekommenwar. Nach einem mitternächtlichen Snack und einer langen Begrüßungs- und Erzählrunde ging es dann tatsächlich noch für ein paar Stunden ins Bett. Am nächsten Morgen flogen wir mehr oder weniger gemeinsam weiter nach Queenstown, wo unsere Reise dann so richtig losgehen sollte.
Vom Flughafen ging es erst mal zu ACE Rental, wo wir unseren Mietwagen in Empfang nahmen – einen etwas in die Jahre gekommenen Nissan Sunny, nicht der schnellste seiner Art aber dafür billig und mit jeder Menge Lebenserfahrung im Getriebe. In Christchurch checkten wir für einige Nächte im sehr schönen und gemütlichen Dorset House Backpackers ein, um unsere ersten Schritte zuplanen. Ausserdem erwarteten wir noch einen weiteren Mitstreiter: Ariel, Julie’s Cousin aus Melbourne, hatte sich spontan entschieden uns für einige Zeit zu begleiten. Wir verbrachten die Tage damit, die Überreste beziehungsweise neuen Gehversuche der Stadt zu erkunden. Ein verheerendes Erdbeben im Februar 2011 hatte das historische Stadtzentrum sprichwörtlich dem Erdboden gleich gemacht.
Die Auräumarbeiten sind immer noch im Gange und werden wohl noch eine Weile andauern; große Teile des Zentrums sind abgesperrt und nicht zugänglich wegen akuter Einsturzgefahr.
Um dennoch wieder eine Art Stadtleben zu ermöglichen, wurde in einem Bereich des Zentrums eine temporäre Containerstadt errichtet, die mittlerweile zu einer neuen Touristenattraktion geworden ist.
Dort findet man eine Einkaufsstrasse mit Designermode, Banken, Cafés und Imbissbuden – alles natürlich in bunten Frachtcontainern.
Es dauerte eine kleine Weile, bis ich mich an die seltsame Atmosphäre gewöhnt hatte. Auf der einen Seite haben die Ruinen etwas extrem bedrückendes, auf der anderen Seite ist es toll zu sehen, wie die Stadt versucht, aufzustehen und zu einer gewissen Normalität zurückzufinden. Ein weiteres Beispiel dafür sind die “Gap Filler”, die man über die Stadt verstreut findet.
Gap Filler versucht, durch Gemeindeprojekte die Lücken zu Füllen, welche das Erdbeben gerissen hat. So entstanden zwischen den Ruinen Orte an denen Menschen zusammenkommen um Spass zu haben.
Am Wochenende zog es uns dann in die Natur. Als Ziel für einen gemütlichen Tagesausflug hatten wir uns die Thermalquellen von Hanmer Springs ausgesucht. Dummerweise erwischten wir einen sonnigen, heissen Tag, der nicht so sehr Thermalbadlaune aufkommen liess. Trotzdem war es einen Besuch wert, da die Fahrt dorthin durch grüne Hügel genau das Richtige war für einen Sonntag Mittag. Wir vertraten uns ausserdem noch ein wenig die Beine und wanderten für ein zwei Stunden durch die umliegenden Hügel des Hanmer Conservation Parks.
Als Ariel dann am Tag drauf in Christchurch eintraf, ging es endlich los. Im vollgepackten Sunny steuerten wir bei bestem Wetter die Banks Peninsular an, um die Gegend um das kleine Städtchen Akaroa zu erkunden.
Die Fahrt entlang der Summit Road, welche über die Hügel der vulkanischen Halbinsel führt und schöne Ausblicke über die Bucht von Akaroa sowie den Pazifik bietet.
Zum Lunch ging es nach Akaroa selbst, wo der Einfluss der ehemaligen französischen Kolonie immer noch in vielen Strassennamen zu erkennen ist, ausserdem schmücken viele französische Flaggen die Häuschen und Gärten der ca. 750 Einwohner (diese Zahl steigt in den Sommermonaten auf bis zu 10000 an, wenn es die Neuseeländer zur Erholung aufs Land zieht).
Einen leckeren Burger und einen weniger leckeren Kaffee später ging es in die Pigeon Bay, wo wir estmals unsere Zelte aufschlugen.
Als kleine Aufwärmübung hatten wir uns den Pigeon Bay Walkway ausgesucht, eine einfache Wanderung durch grüne Hügel. Die Ausblicke waren durch die satten Farben bei bestem Wetter teilweise grandios und defintiv nicht wie ich mir Neuseeland vorgestellt hatte.
Nach diesem Ausflug ins Grüne ging es dann weiter nach Süden, durch kleine verschlafene Dörfer entlang des Scenic Inland Highway. Lupinenfelder säumten die Strasse und erstrahlten in allen möglichen Farben, trotz des eher grauen Wetters.
Dazwischen lagen immer wieder türkisblauen Seen. Besonders Lake Tekapo gefiel mir sehr gut, auch wenn der Skiort im Sommer eher hässlich daherkommt. Aber das See- und Bergpanorama machte das locker wieder wett.
Nach einer Nacht am Ufer des Sees ging es durch das Hochland von Otago und Lindis Pass, wo wir uns zu ersten Mal wie in einen der Herr der Ringe Filme versetzt fühlten.
In Queenstown mussten wir uns dann entscheiden, was wir eigentlich genau machen wollten. Es gab mehrere Wanderungen, die zur Auswahl standen, leztendlich fiel unsere Wahl auf die Kombination der Greenstone und Caples Tracks, welche hervorragend zu einer Rundewanderung aneinandergehängt werden können. Ausgestattet mit einem Backcountry Hut Pass aus dem DOC Office, welcher uns erlaubte, die Hütten des DOC (Department of Conservation) zu benutzen, wurden noch einmal die Vorräte aufgefüllt.
Leider blieb nicht viel Zeit für eine Stadterkundung, und so ging es nach kurzer Kaffeepause auch schon wieder weiter bis zu einem Campinglatz kurz vor The Devine, dem Ausgangspunkt für unsere erste Mehrtagestour.