Reif für die Insel war ich definitiv nach mehr oder weniger fünf Monaten Kimchi und Korea am Stück. Nicht dass es mir hier nicht gefallen würde, aber es kann halt doch ab und zu ein bisschen anstrengend sein. Da passte es natürlich hervorragend, dass Alex und Thorsten auch Zeit hatten, und so ging’s kurz vor Ostern mit dem Auto und der Fähre nach Sardinien. Nachdem schon in Konstanz die erste Schrecksekunde überstanden werden musste (Alex’ Passat verlor Öl am Motorblock, und ein Mechaniker riet uns dringend dazu, das Auto NICHT zu benutzen, da akute Feuergefahr bestünde). Diese Aussage konnte uns allerdings nicht wirklich aufhalten, und so wurde die Reise gestartet. Gleich vorweg: das Auto ist noch heile und hat kein Feuer gefangen! | Zur Galerie
Nach guten sechs Stunden waren wir dann viel zu früh in Livorno, wo wir auf unsere Fähre nach Golfo Aranci warteten, die uns über Nacht auf die Insel bringen sollte. In einer noch geschlossenen Bar fanden wir ein ruhiges Plätzchen zum pennen und so kamen wir gut erholt am nächsten Morgen auf Sardinien an.
Erstes Ziel war Cala Gonone, ein kleiner Strandort mit mehreren Klettergebieten in nächster Umgebung. Unterwegs frühstückten wir noch an einem Strand und starteten den Kletterurlaub im “Parkplatzsektor” S’atta Ruia von Dorgali, der einige schöne Routen in rotem, leicht überhängendem Fels bietet.
Die Nacht verbrachten wir unter dem Vordach einer Kapelle auf einem Hügel, der das Dorf von Dorgali überblickte; eine gute Wahl wie sich Nachts herausstellte, da es immer wieder zu regnen anfing.
Am nächsten Tag ging es dann ans Meer, die Bucht Cala Fuili sollte es sein. Die Sonne schaute immer wieder durch die Wolken und wir bekamen einen ersten Eindruck davon, was Klettern auf Sardinien sehr schön bietet: die Kombination aus Strand und Felsen.
Nachdem die Einkletterphase gut überstanden war, ging es dann gemütlich weiter ins Landesinnere nach Jerzu. Ziemlich hoch gelegen, war es komplett in den Wolken versteckt; nur kurz schaute die Sonne heraus, aber das gab genügend Hoffnung auf einen besseren nächsten Tag. Tja, leider war uns der Sonnengott nicht so gnädig und so brachen wir nach einem feuchten Frühstück in dichtestem Nebel die Zelte ab und machten uns direkt auf nach dem tiefer gelegenen Isili, einem der bekanntesten Sportklettergebiete der Insel. Und es hatte sich gelohnt: Die Sonne schien mit voller Kraft auf uns runter, klettern im T-Shirt war angesagt. Isili wird von steilen, löchrigen Wänden dominiert. Aber auch Landschaftlich ist das Gebiet sehr reizvoll, liegt es doch an einem See, von dem ein Bach durch das Tal fliesst, an dessen Seiten sich die verschiedenen Felsen befinden; die grünen Wiesen waren um diese Jahreszeit voll mit Blumen und auch an den Bäumen konnte man den nahenden Frühling erkennen.
Am zweiten Tag in Isili stiess dann Annina zu uns und genoss weitere zwei Klettertage bei bestem Wetter. Naja, ich sollte vielleicht sagen, bei sonnigstem Wetter, denn die Sonne schien zwar, aber dafür pfiff auch ein ganz schön starker Mistral durch das Tal und führte sogar dazu, dass wir für zwei Nächte das Zelt aufstellten.
Dann war es auch schon wieder Zeit für einen Tapetenwechsel; die Bucht von Cala Goloritze war unser Ziel und dort vor allem die Felsnadel Aguglia Goloritze, die direkt neben einem kleinen, aber wunderschönen Sandstrand etwa 140m in den Himmel ragt.
Nach einer etwas chaotischen Nacht, in der Alex und ich vom Regen aus dem Tiefschlaf gerissen wurden und doch noch das Zelt aufbauen mussten, führte uns ein ordentlicher Fussmarsch erst steil Bergauf, dann noch steiler und vor allem deutlich länger bergab zur Aguglia. In zwei Seilschaften ging es parallel dem Gipfel entgegen, immer mit tollen Ausblicken auf das Meer und den Strand sowie einige Touristen, die sich im Laufe des Vormittages zu Fuß oder auch per Boot in die Bucht begaben. Auf dem Gipfel der Aguglia selbst war gerade genug Platz für uns vier, und da der Wind wieder recht stark pfiff, ging es bald abseilenderweise zurück auf den Boden. Leider hatte sich die Sonne schon recht früh aus der Bucht verzogen und so wurde nichts aus dem geplanten Sprung ins (zugegeben für meinen Geschmack eh viel zu kalte) Wasser. Der Rückweg entpuppte sich als deutlich anstrengender und so sahen wir beinahe so fertig aus wie die beiden Wanderer, denen wir tags zuvor noch Hilfe angeboten hatten, da sie den Eindruck machten, als würden sie gleich der Länge nach aus den Latschen fallen.
Aber wir überstanden auch diese Episode ohne Verluste, und nach einer Pizza in Baunei ging es zurück nach Cala Gonone, wo wir wieder unter Olivenbäumen und mit Meerblick Quartier bezogen. Cala Fuili war erneut unser Ziel für einen Tag; gegen Abend packten wir dann Essen und Schlafsachen ein, um zur Cala Luna zu wandern. Laut Kletterführer “ein Marsch von etwa einer Stunde auf einem bequemen Weg” – naja, also bequem ist definitiv etwas anderes, und die gute Stunde schien auch recht knapp bemessen. Sogar ohne meinen unfreiwilligen Abstecher ans Meer – leider in die falsche Bucht – brauchten wir mehr als zwei Stunden plus etwa eine Stunde, um den eigentlichen Strand zu finden. Es war halt auch mittlerweile stockdunkel geworden, und in der Beschreibung hatte definitiv nichts von “durch kniehohes Wasser waten” gestanden. Aber schliesslich standen wir doch am Strand von Cala Luna und kochten unsere Spaghetti Pesto in einer der großen Höhlen, wo sich schon eine Gruppe Italiener und Spanier niedergelassen hatte.
Erst am nächsten Morgen konnten wir dann aber die wirklich geniale Umgebung begutachten, und es zeigte sich schnell, dass sich jedes Kilo Gepäck und jede Minute des Marschs gelohnt hatten.
Während die drei anderen fröhlich vor sich hin kletterten, machte ich mir es in der Sonne gemütlich um meine Finger ein bisschen zu schonen und an meiner Urlaubsfarbe zu arbeiten …
Der Rückweg am Nachmittag dauerte dann irgendwie nur noch eineinviertel Stunden, aber wir waren trotzdem froh, wieder zurück zu sein und den schweren Rucksack abstellen zu können.
Den Abschluss des Urlaubs bildetet dann noch einmal Klettern in der Cala Fuili bzw. am Meer liegen und auspannen, und ohne größere Zwischenfälle ging es mit der Fähre zurück aufs Festland und dort direkt nach Hause | Zur Galerie